BGH: Zur Wiedereinsetzung
1. Hat der Verfahrensbevollmächtigte eines Beteiligten die Anfertigung einer Rechtsmittelschrift seinem angestellten Büropersonal übertragen, ist er verpflichtet, das Arbeitsergebnis vor Versendung über das besondere elektronische Anwaltspostfach sorgfältig auf seine Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen. Dazu gehört auch die Prüfung, ob das für die Entgegennahme der Rechtsmittelschrift zuständige Gericht richtig bezeichnet ist.
2. Reicht ein Beteiligter eine Rechtsmittelschrift bei einem unzuständigen Gericht ein, so entspricht es regelmäßig dem ordentlichen Geschäftsgang, dass die Geschäftsstelle die richterliche Verfügung der Weiterleitung des Schriftsatzes an das zuständige Gericht am darauffolgenden Werktag umsetzt. Geht ein fristgebundener Schriftsatz erst einen (Werk-)Tag vor Fristablauf beim unzuständigen Gericht ein, ist es den Gerichten daher regelmäßig nicht anzulasten, dass die Weiterleitung des Schriftsatzes im ordentlichen Geschäftsgang nicht zum rechtzeitigen Eingang beim zuständigen Gericht geführt hat.
BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2024 – XII ZB 576/23
- Problemstellung
Unter welchen zeitlichen Voraussetzungen ein Rechtsanwalt darauf vertrauen darf, dass ein bei einem unzuständigen Gericht elektronisch eingereichter Schriftsatz an das zuständige Gericht weitergeleitet wird, hat der XII. Zivilsenat näher bestimmt.
- Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Der Antragsgegner begehrt Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde. Ein Beschluss des Familiengerichts, mit dem der Antragsgegner verpflichtet wurde, an die Antragstellerin einen Zugewinnausgleich in Höhe von 709.900,21 € nebst Zinsen zu zahlen, ist dem Antragsgegner am 1. September 2023 zugestellt worden. Am 29. September 2023 (Freitag) ist um 8:58 Uhr beim OLG eine Beschwerdeschrift eingegangen, die mit einer qualifizierten elektronischen Signatur des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners versehen ist. Am selben Tag hat die Geschäftsstelle des OLG die Akte beim Amtsgericht angefordert und dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners eine Eingangsbestätigung übersandt. Mit taggleich ausgeführter Verfügung vom 2. Oktober 2023 (Montag) hat die Vorsitzende Richterin des zuständigen Senats die Übersendung der Beschwerdeschrift an das Amtsgericht angeordnet. Dort ist die Rechtsmittelschrift auf dem Postweg am 4. Oktober 2023 eingegangen.
Nach gerichtlichem Hinweis auf die Fristversäumnis hat der Antragsgegner Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und zur Begründung ausgeführt, sein Verfahrensbevollmächtigter habe sich in der Zeit vom 27. September bis zum 9. Oktober 2023 im Urlaub befunden. Noch vor Urlaubsantritt habe er gegenüber seiner langjährigen und stets zuverlässigen Mitarbeiterin verfügt, gegen den Beschluss des Amtsgerichts fristgerecht Beschwerde einzulegen. Dies beinhalte auch, dass die Beschwerde beim zuständigen Gericht eingelegt werde. Gleichwohl sei die Beschwerde fehlerhaft an das OLG geschickt worden. Zudem hätten zwischen der am 29. September 2023 um 9:52 Uhr versandten Eingangsbestätigung des OLG und dem Ablauf der Beschwerdefrist anderthalb Werktage gelegen. Es sei somit mehr als genug Zeit gewesen, um die Zuständigkeit zu prüfen und die Beschwerdeschrift noch innerhalb der Beschwerdefrist im Wege des ordentlichen Geschäftsgangs elektronisch an das Amtsgericht weiterzuleiten. Keinesfalls habe das OLG den Schriftsatz auf dem Postweg weiterleiten dürfen, weil ihm hätte bewusst sein müssen, dass er auf diesem Weg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht fristgerecht beim Amtsgericht eingehen würde.
Das OLG hat den Wiedereinsetzungsantrag als unbegründet zurückgewiesen und die Beschwerde als unzulässig verworfen. Die Fristversäumung beruhe auf einem dem Antragsgegner zuzurechnenden Verschulden seines Verfahrensbevollmächtigten, denn dieser habe die Rechtsmittelschrift nicht selbst überprüft, sondern seine Mitarbeiterin damit beauftragt, Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts einzulegen. Dieses Verschulden habe sich auch ausgewirkt, weil der Antragsgegner nicht darauf habe vertrauen können, dass der einen Arbeitstag vor Ablauf der Beschwerdefrist beim unzuständigen Gericht eingereichte Schriftsatz noch rechtzeitig an das zuständige Gericht weitergeleitet werden würde. Denn es sei im ordnungsgemäßen Geschäftsgang nicht damit zu rechnen gewesen, dass am selben Tag die Zulässigkeit der Beschwerde geprüft, die Versendung der Beschwerdeschrift an das Amtsgericht verfügt und diese Verfügung auch ausgeführt werden würde. Die Kommunikation mit dem Amtsgericht erfolge im ordentlichen Geschäftsgang auf postalischem Weg.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Insbesondere verletzt der angefochtene Beschluss den Antragsgegner im Ergebnis weder in seinem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) noch in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1, 19 Abs. 4, 20 Abs. 3 GG). Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde zu Recht für unzulässig erachtet, weil sie nicht fristgerecht eingelegt worden ist. Die Beschwerdeschrift ist nicht innerhalb der am 2. Oktober 2023 abgelaufenen Beschwerdefrist beim Amtsgericht eingegangen (§§ 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Das Beschwerdegericht ist auch davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht erfüllt sind, weil die Beschwerdefrist nicht unverschuldet im Sinne von § 113 Abs. 1 FamFG iVm § 233 Satz 1 ZPO versäumt ist. Vielmehr beruht dieses Versäumnis auf einem dem Antragsgegner nach § 113 Abs. 1 FamFG iVm § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden seines Verfahrensbevollmächtigten. Dieses Verschulden ist auch ursächlich für die Fristversäumung geworden. Nach § 113 Abs. 1 FamFG iVm § 233 Satz 1 ZPO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn ein Beteiligter ohne sein Verschulden verhindert war, die Beschwerdefrist nach § 63 Abs. 1 FamFG einzuhalten. Ein Verschulden seines Verfahrensbevollmächtigten wird dem Beteiligten zugerechnet, das Verschulden sonstiger Dritter hingegen nicht. Deshalb hindern Fehler des Büropersonals eine Wiedereinsetzung nicht, solange den Verfahrensbevollmächtigten kein eigenes Verschulden etwa in Form eines Organisations- oder Aufsichtsverschuldens trifft. Der Beteiligte hat einen Verfahrensablauf vorzutragen und glaubhaft zu machen, der ein Verschulden an der Nichteinhaltung der Frist zweifelsfrei ausschließt. Verbleibt die Möglichkeit, dass die Einhaltung der Frist durch ein Verschulden des Beteiligten oder seines Verfahrensbevollmächtigten versäumt worden ist, ist der Antrag auf Wiedereinsetzung unbegründet. So liegt der Fall hier. Ein Verfahrensbevollmächtigter hat dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Dabei gehört die Erstellung einer fristwahrenden Rechtsmittelschrift zu den Aufgaben, die ein Rechtsanwalt seinem angestellten Büropersonal nicht übertragen darf, ohne das Arbeitsergebnis auf seine Richtigkeit und Vollständigkeit selbst sorgfältig zu überprüfen. Insbesondere hat er die Rechtsmittelschrift vor der Unterzeichnung bzw. vor der Versendung über das beA auch auf die richtige Bezeichnung des für die Entgegennahme zuständigen Gerichts zu kontrollieren und eine fehlerhafte Angabe zu berichtigen. Das Beschwerdegericht hat richtig erkannt, dass der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners diesen Sorgfaltsanforderungen nicht genügt hat. Bei sorgfältiger Überprüfung der Beschwerdeschrift hätte er die fehlerhafte Adressierung der Beschwerdeschrift bemerken und die Angabe des Amtsgerichts als Empfänger veranlassen müssen.
Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die weitere Annahme des Beschwerdegerichts, das Verschulden des Verfahrensbevollmächtigten sei auch ursächlich für die Versäumung der Beschwerdefrist geworden. Das Beschwerdegericht hat dem Antragsgegner den Zugang zur Beschwerdeinstanz nicht in unzumutbarer Weise erschwert. Wird in einer Familienstreitsache die Beschwerde anstatt bei dem gemäß § 64 Abs. 1 Satz 1 FamFG für ihre Entgegennahme zuständigen Amtsgericht beim Beschwerdegericht eingelegt, hat das angerufene Gericht die Beschwerdeschrift im ordentlichen Geschäftsgang an das Amtsgericht weiterzuleiten, wenn die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts ohne Weiteres erkennbar und - damit regelmäßig - die Bestimmung des zuständigen Gerichts möglich ist. Dies folgt aus dem verfassungsrechtlichen Anspruch des Rechtsuchenden auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip). Geht der Schriftsatz so zeitig beim angerufenen Gericht ein, dass eine rechtzeitige Weiterleitung an das Amtsgericht im ordentlichen Geschäftsgang ohne Weiteres erwartet werden kann, darf ein Verfahrensbeteiligter darauf vertrauen, dass der Schriftsatz noch fristgerecht dort eingehen wird. Geschieht dies tatsächlich nicht, wirkt sich das Verschulden des Beteiligten oder seines Verfahrensbevollmächtigten im Hinblick auf die unrichtige Bezeichnung des Gerichts bei der Versäumung der Rechtsmittelfrist nicht mehr aus, so dass dem Beteiligten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Der Wiedereinsetzung begehrende Beteiligte hat darzulegen und glaubhaft zu machen, dass sein Schriftsatz im normalen ordnungsgemäßen Geschäftsgang fristgerecht an das zuständige Gericht hätte weitergeleitet werden können. Nach diesen Grundsätzen hat das Beschwerdegericht zu Recht angenommen, der Antragsgegner habe nicht glaubhaft gemacht, dass die Beschwerdeschrift im normalen ordnungsgemäßen Geschäftsgang fristgerecht an das Amtsgericht hätte weitergeleitet werden können. Dabei kann dahinstehen, ob das Beschwerdegericht die Beschwerdeschrift elektronisch an das Amtsgericht hätte weiterleiten müssen, weil - wie die Rechtsbeschwerde meint - nur eine solche Weiterleitung zu einer formgerechten Einreichung des qualifiziert signierten Schriftsatzes geführt hätte. Denn selbst wenn dem Beschwerdegericht eine elektronische Weiterleitung an das Amtsgericht technisch möglich gewesen sein sollte und man insoweit eine aktive Nutzungspflicht des Elektronischen Gerichts- und Behördenpostfachs annehmen würde, war nach den vorliegenden Umständen eine fristgerechte Weiterleitung im normalen ordnungsgemäßen Geschäftsgang nicht zu erwarten. Das unzuständige Gericht ist nicht verpflichtet, dem zuständigen Gericht den fristgebundenen Schriftsatz unter höchster Beschleunigung zukommen zu lassen. Im Rahmen des ordentlichen Geschäftsgangs ist üblicherweise damit zu rechnen, dass eine bei der zuständigen Geschäftsstelle eingegangene Rechtsmittelschrift dem zuständigen Richter am nächsten Werktag vorgelegt wird. Es kann nicht erwartet werden, dass die richterliche Verfügung der Weiterleitung der Rechtsmittelschrift noch am selben Tag zur Geschäftsstelle gelangt und dort ausgeführt wird. Vielmehr entspricht es dem ordentlichen Geschäftsgang, dass die Geschäftsstelle die richterlich verfügte Weiterleitung am darauffolgenden Werktag umsetzt. Geht ein fristgebundener Schriftsatz erst einen (Werk-)Tag vor Fristablauf beim unzuständigen Gericht ein, ist es den Gerichten daher regelmäßig nicht anzulasten, dass die Weiterleitung des Schriftsatzes im ordentlichen Geschäftsgang nicht zum rechtzeitigen Eingang beim zuständigen Gericht geführt hat. Der Antragsgegner konnte nach diesen Maßstäben nicht darauf vertrauen, dass die einen Werktag nach Eingang der Beschwerdeschrift richterlich verfügte elektronische Weiterleitung der Beschwerdeschrift noch am selben Tag von der Geschäftsstelle elektronisch ausgeführt werden würde. Vielmehr war eine Umsetzung der Verfügung vom 2. Oktober 2023 erst am darauffolgenden Werktag, dem 4. Oktober 2023, zu erwarten, was nicht mehr zu einem fristwahrenden Eingang der Beschwerdeschrift beim Amtsgericht hätte führen können. Nichts anderes folgt hier aus dem Umstand, dass die richterliche Weiterleitungsverfügung tatsächlich taggleich von der Geschäftsstelle umgesetzt worden ist. Das Beschwerdegericht hat rechtsfehlerfrei ausgeführt, im normalen ordnungsgemäßen Geschäftsgang sei nicht damit zu rechnen gewesen, dass am selben Tag die Zulässigkeit der Beschwerde geprüft, die Versendung der Beschwerdeschrift an das Amtsgericht verfügt und diese Verfügung auch umgesetzt werden würde. Die Rechtsbeschwerde zeigt nicht auf, dass der Antragsgegner dargelegt und glaubhaft gemacht hätte, richterliche Verfügungen würden von der Geschäftsstelle des Beschwerdegerichts üblicherweise taggleich ausgeführt.
- Kontext der Entscheidung
Da ein Gericht einerseits aufgrund des Anspruchs auf ein faires Verfahren zur Rücksichtnahme auf die Parteien verpflichtet ist, andererseits die Justiz im Interesse ihrer Funktionsfähigkeit vor zusätzlichen Belastungen geschützt werden muss, besteht keine generelle Fürsorgepflicht des für das Rechtsmittel unzuständigen Gerichts, durch Hinweise oder andere geeignete Maßnahmen eine Fristversäumung des Rechtsmittelführers zu verhindern. Einer Partei und ihrem Prozessbevollmächtigten muss die Verantwortung für die Ermittlung des richtigen Adressaten fristgebundener Verfahrenserklärungen nicht allgemein abgenommen und auf unzuständige Gerichte verlagert werden. Geht ein fristwahrender Schriftsatz statt beim Rechtsmittelgericht beim erstinstanzlichen Gericht ein, ist dieses deshalb grundsätzlich lediglich verpflichtet, den Schriftsatz im ordentlichen Geschäftsgang an das Rechtsmittelgericht weiterzuleiten. Die eine Wiedereinsetzung begehrende Partei hat mithin darzulegen und glaubhaft zu machen, dass ihr Schriftsatz im normalen ordnungsgemäßen Geschäftsgang fristgerecht an das zuständige Rechtsmittelgericht hätte weitergeleitet werden können. Bei der Frage, ob eine fristgerechte Weiterleitung im normalen ordnungsgemäßen Geschäftsgang zu erwarten war, ist zu berücksichtigen, dass die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht der Gerichte keine generelle Verpflichtung zur sofortigen Prüfung der Zuständigkeit erfordert (BGH, Beschluss vom 26. Januar 2023 – I ZB 42/22 –, Rn. 21, mwN.).
- Auswirkungen für die Praxis
Das OLG hat seine Entscheidung hilfsweise darauf gestützt, die Beschwerde sei nicht nur verfristet, sondern auch nicht wirksam eingelegt worden (Rn. 7). Die Beschwerdeschrift sei nach dem eigenen Vorbringen des Antragsgegners nicht von seinem Verfahrensbevollmächtigten, sondern von dessen Mitarbeiterin „unterzeichnet“ worden (Rn. 5). Der Senat lässt es ausdrücklich dahinstehen, ob das Beschwerdegericht zutreffend angenommen hat, dass die Beschwerde schon nicht wirksam eingelegt wurde, weil die Beschwerdeschrift nicht vom Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners selbst, sondern von dessen Kanzleimitarbeiterin mit einer qualifizierten elektronischen Signatur des Rechtsanwalts versehen worden sei (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2024 – XII ZB 576/23 –, Rn. 9). Unerwähnt lässt der Senat, dass diese Frage bereits von einem anderen Zivilsenat des BGH entschieden worden ist (BGH, Beschluss vom 31. August 2023 – VIa ZB 24/22). Ausgangspunkt ist dabei § 26 Abs. 1 RAVPV (Verordnung über die Rechtsanwaltsverzeichnisse und die besonderen elektronischen Anwaltspostfächer). Danach darf das Zertifikat (Chipkarte) keiner anderen Person überlassen werden, die dem Zertifikat zugehörige Zertifikats-PIN muss geheim gehalten werden. Soll ein Mitarbeiter die Versendung übernehmen, muss daher das Dokument qualifiziert elektronisch signiert werden. Erfolgt der Zugang zum Anwaltspostfach verbotswidrig durch eine andere Person, z.B. durch ermächtigten Kanzleimitarbeiter, sind die damit vorliegenden Erklärungen eines Unbefugten jedoch formgerecht. Im Interesse des Rechtsverkehrs an der strikten Verlässlichkeit der mit einem elektronischen Empfangsbekenntnis abgegebenen Erklärung kann sich ein Postfachinhaber aber nicht auf die Unbeachtlichkeit von Erklärungen berufen, die er unter Verstoß gegen die Sicherheitsanforderungen des elektronischen Rechtsverkehrs selbst ermöglicht hat. Verhält es sich so, hat er sich eine von Dritten abgegebene Erklärung vielmehr so zurechnen zu lassen, als habe er sie selbst abgegeben und im Vorhinein – durch die nicht vorgesehene Eröffnung der Nutzungsmöglichkeit für den Dritten – autorisiert (BSG, Urt. v. 14.07.2022 - B 3 KR 2/21 R -, Rn. 15). Dem hat sich der VIa-Zivilsenat für den Zivilprozess angeschlossen: „Handelt der Inhaber eines besonderen elektronischen Anwaltspostfachs dem (i.e.: § 26 Abs. 1 RAVPV) zuwider und überlässt er das nur für seinen Zugang erzeugte Zertifikat und die zugehörige Zertifikats-PIN einem Dritten, muss er sich so behandeln lassen, als habe er die übermittelte Erklärung selbst abgegeben (BGH, Beschluss vom 31. August 2023 – VIa ZB 24/22 –, Rn. 9). Ob der XII. Zivilsenat diese Entscheidung übersehen hat oder ob der Auffassung des VIa-Senates nicht folgen will, ist der Entscheidung nicht zu entnehmen.
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