BGH: Zur Bauunternehmerinsolvenz
Steht dem Besteller aufgrund von Voraus- oder Abschlagszahlungen aus einem Werkvertrag eine Insolvenzforderung zu, kann er die den Unternehmer treffende nebenvertragliche Pflicht, seine Leistungen in einer Schlussrechnung abzurechnen, nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmers im Insolvenzverfahren nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen. In diesem Fall hat der Gläubiger seine Forderung auf Rückzahlung eines etwaigen Überschusses im Wege der Schätzung zur Tabelle anzumelden.
BGH, Urteil vom 7. November 2024 – IX ZR 179/23
- Problemstellung
Ob der Besteller nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmers vom Insolvenzverwalter Abrechnung von geleisteten Voraus- oder Abschlagszahlungen durch Erstellung einer prüffähigen Schlussrechnung verlangen kann, hatte der IX. Zivilsenat zu entscheiden.
- Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Die Klägerin nimmt den Beklagten als Verwalter in einem Insolvenzverfahren auf Erteilung einer prüffähigen Schlussrechnung in Anspruch. Sie hatte den Schuldner, der als Einzelunternehmer ein Bauunternehmen betrieb, mit dem Ausbau des Dachspitzes ihres Hauses beauftragt. Der Ausbau sollte auf der Grundlage des Ausführungskonzepts des Schuldners, das weder Einheitspreise noch voraussichtliche Massen enthielt, zu einem Pauschalpreis von 120.999,77 € erfolgen. Eine Einbeziehung der VOB/B erfolgte nicht. Entsprechend der Vergütungsvereinbarung bezahlte die Klägerin im Juli 2021 einen ersten Teilbetrag von 40.333,25 € bei Auftragserteilung sowie im Oktober 2021 einen zweiten Teilbetrag von ebenfalls 40.333,25 €. Der Schuldner stellte seine im September 2021 begonnenen Arbeiten ab Mitte Dezember 2021 noch vor Fertigstellung des Ausbaus ein. Das Insolvenzgericht bestellte mit Beschluss vom 23. Februar 2022 den Beklagten zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Dieser teilte der Klägerin am 15. März 2022 mit, dass das Unternehmen des Schuldners zum 28. Februar 2022 eingestellt worden sei und lehnte die Erfüllung des mit der Klägerin geschlossenen Vertrags ab. Am 31. März 2022 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Erteilung einer Schlussrechnung für das Bauvorhaben lehnte der Beklagte im Mai 2022 ab und verwies die Klägerin an den Schuldner, der auf eine Anfrage der Klägerin nicht reagierte.
Die Klägerin behauptet, der Leistungsstand entspreche in keinem Fall dem Umfang der geleisteten Teilzahlungen. Das Landgericht hat den Beklagten als Insolvenzverwalter entsprechend dem Klageantrag verurteilt, eine prüffähige Schlussrechnung über die zur Erfüllung des Bauvertrags vom 28. Mai 2021 erbrachten Leistungen unter Berücksichtigung der geleisteten Teilzahlungen zu erstellen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Erteilung einer Schlussrechnung aus dem mit dem Schuldner geschlossenen Werkvertrag. Im Fall einer Kündigung des Werkvertrags aus wichtigem Grund nach § 648a BGB sei der Unternehmer nur berechtigt, die Vergütung zu verlangen, die auf den bis zur Kündigung erbrachten Teil des Werks entfalle; hieraus folge aus Treu und Glauben die Nebenpflicht des Werkunternehmers, die von ihm erbrachten Werkleistungen abzurechnen. Entsprechend habe der Besteller einen einklagbaren Anspruch auf Erteilung einer Schlussrechnung. Zwar habe der Beklagte den Werkvertrag mit der Klägerin nicht gekündigt; er habe aber nach § 103 Abs. 2 InsO die Erfüllung des Vertrags abgelehnt. Dies sei in seiner unmittelbaren Wirkung mit einer den Besteller zur außerordentlichen Kündigung nach § 648a Abs. 1 BGB berechtigenden Einstellung der Arbeiten durch den Werkunternehmer vergleichbar. Passivlegitimiert sei der Beklagte als Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners und nicht der Schuldner selbst. Der Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts nach § 80 Abs. 1 InsO beinhalte auch die Verpflichtung des Insolvenzverwalters zur Erteilung von Auskünften über solche Handlungen des Schuldners vor Insolvenzeröffnung, die den Bestand der Insolvenzmasse berührten. Um einen solchen Anspruch handele es sich im Streitfall. Die Klägerin beabsichtige - je nach Ergebnis der Auskunftserteilung - eine teilweise Rückforderung der von ihr auf die Abschlagsrechnungen des Schuldners geleisteten Zahlungen; derartige Rückforderungsansprüche wären als Insolvenzforderungen zur Tabelle anzumelden. Der Auskunftsanspruch der Klägerin folge damit aus einem vermögensrechtlichen Anspruch, der als Insolvenzforderung zur Tabelle anzumelden sei. Die Auskunftserteilung sei dem Beklagten auch zumutbar. Es gehöre zu den Aufgaben des Insolvenzverwalters, Unterlagen über Vorgänge vor Insolvenzeröffnung zu sichten, um die für die Verwaltung der Masse notwendigen Erkenntnisse zu gewinnen. Fehlten ihm die erforderlichen Informationen, könne er sich an den Schuldner wenden, der seinerseits nach §§ 97, 98 InsO zur Auskunft verpflichtet sei.
Die Revision des Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des erst- und zweitinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der Klage. Das Berufungsgericht hat im Ausgangspunkt zutreffend erkannt, dass dem Besteller nach Kündigung eines Werkvertrags aus wichtigem Grund ein Anspruch auf Erteilung einer Schlussrechnung gegen den Unternehmer zustehen kann, wenn die Parteien Voraus- oder Abschlagszahlungen des Bestellers vereinbart haben. Folge der Kündigung des Werkvertrags aus wichtigem Grund ist, dass der Unternehmer nur Anspruch auf die Vergütung hat, die auf den bis zur Kündigung erbrachten Teil des Werks entfällt (§ 648a Abs. 5 BGB). Für den Fall, dass die Parteien eines Werkvertrags Voraus- oder Abschlagszahlungen vereinbart haben, kann dem Besteller ein vertraglicher Anspruch auf Auszahlung des Überschusses zustehen, wenn sich ergibt, dass die Summe der geleisteten Voraus- oder Abschlagszahlungen die dem Unternehmer zustehende endgültige Vergütung übersteigt. Aus einer Vereinbarung über Voraus- oder Abschlagszahlungen folgt zugleich die vertragliche Verpflichtung des Unternehmers, seine Leistungen abzurechnen. Der Besteller hat ein berechtigtes Interesse daran, dass der Unternehmer die einzelnen Voraus- oder Abschlagszahlungen in einer Voraus- oder Abschlagsrechnung und die ihm nach einer Kündigung des Vertrags zustehende endgültige Vergütung unter Berücksichtigung der geleisteten Voraus- oder Abschlagszahlungen in einer endgültigen Rechnung abrechnet. Die Verpflichtung des Unternehmers, dem Besteller die genannten Rechnungen zu erteilen, folgt aus dem vorläufigen Charakter der Voraus- oder Abschlagszahlungen und besteht unabhängig davon, ob sie im Vertrag ausdrücklich geregelt ist. Dies gilt auch bei vorzeitiger Beendigung eines Pauschalvertrags. Zur Abrechnung eines vorzeitig beendeten Pauschalpreisvertrags hat der Unternehmer die erbrachten Leistungen vorzutragen, diese von dem nicht ausgeführten Teil abzugrenzen und das Verhältnis der bewirkten Leistungen zur vereinbarten Gesamtleistung sowie des Preisansatzes für die Teilleistung zum Pauschalpreis darzulegen. Die Abrechnung muss auf der Grundlage des Vertrags erfolgen und den Besteller in die Lage versetzen, sich hierzu sachgerecht zu verhalten.
Es kann offenbleiben, ob der Klägerin im Streitfall ein Auskunftsanspruch dem Grunde nach zusteht. In der Insolvenz des Unternehmers kann der Besteller vom Insolvenzverwalter nicht die Erfüllung seines nebenvertraglichen Anspruchs auf Erteilung einer Schlussrechnung verlangen, solange weder der Besteller die Hauptforderung zur Tabelle angemeldet hat noch der Anmeldung widersprochen worden ist. Allerdings ist der Insolvenzverwalter ist gegenüber dem Aussonderungs- oder Absonderungsberechtigten zur Erteilung einer Auskunft verpflichtet, welche die Verfolgung eines auf Handlungen des Gemeinschuldners beruhenden Anspruchs vorbereiten soll, wenn der Hauptanspruch die Insolvenzmasse berührt und gegen den Insolvenzverwalter geltend zu machen ist. Die aufgrund einer nebenvertraglichen Pflicht zu erteilende Auskunft dient vielmehr der Vorbereitung eines Aussonderungs- oder Absonderungsrechts, welches gegen die Insolvenzmasse geltend zu machen ist. Auch prozessuale Erwägungen sprechen dafür, dass sich die Pflicht zur Auskunftserteilung gegen den Insolvenzverwalter richtet. Eine prozesswirtschaftlich sinnvolle Verbindung des Anspruchs auf Auskunft oder Rechnungslegung im Wege der Stufenklage nach § 254 ZPO mit dem Leistungsanspruch ist nur dann jederzeit gewährleistet, wenn sich sowohl der Auskunfts- oder Rechnungslegungsanspruch als auch der Leistungsanspruch gegen dieselbe Person richten. Immer dann, wenn der Hauptanspruch gegen den Insolvenzverwalter zu verfolgen ist, richtet sich auch der Anspruch auf Auskunftserteilung, weil er das rechtliche Schicksal des Hauptanspruchs teilt, gegen den Insolvenzverwalter. Der Aussonderungs- oder Absonderungsberechtigte kann deshalb seinen Anspruch auf Auskunftserteilung in gleicher Weise wie sein Aussonderungs- oder Absonderungsrecht gegen den Insolvenzverwalter durchsetzen.
Im Streitfall dient der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer Schlussrechnung jedoch nicht der Vorbereitung und Durchsetzung eines Aussonderungs- oder Absonderungsrechts oder einer Masseforderung der Klägerin. Nach der fristlosen Kündigung des Werkvertrags kann der Klägerin ein Anspruch auf Auszahlung eines Überschusses gegen den Schuldner zustehen, wenn die Summe der von ihr geleisteten Voraus- oder Abschlagszahlungen die dem Schuldner zustehende endgültige Vergütung übersteigt. Dieser Anspruch stellt gemäß § 38 InsO eine Insolvenzforderung und keine Masseverbindlichkeit dar. Der Anspruch auf Auszahlung eines Überschusses wird nicht erst durch eine Handlung des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung der Insolvenzmasse begründet, wenn der Insolvenzverwalter die Nichterfüllung des gegenseitigen Vertrags nach § 103 Abs. 2 InsO wählt. Er ist vielmehr bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Pauschalpreisvertrags angelegt. Insolvenzforderungen können gemäß § 87 InsO nur nach den Vorschriften der Insolvenzordnung durchgesetzt werden. Hierfür sehen die §§ 174 ff InsO eine Anmeldung der Insolvenzforderungen beim Insolvenzverwalter vor, wobei die Insolvenzforderung vom anmeldenden Gläubiger zu beziffern ist (§ 174 Abs. 2 InsO). Ob die Erfüllung eines nebenvertraglichen Rechnungslegungs- oder Auskunftsanspruchs, der die Anmeldung der Insolvenzforderung zur Tabelle vorbereiten und ermöglichen soll, vom Insolvenzverwalter verlangt werden kann, ist noch nicht abschließend geklärt. Der Senat entscheidet die Frage dahingehend, dass vom Insolvenzverwalter nicht die Erfüllung eines nebenvertraglichen Anspruchs auf Erteilung einer Auskunft oder Schlussrechnung verlangt werden kann, solange weder der Besteller die Hauptforderung zur Tabelle angemeldet hat noch der Anmeldung widersprochen worden ist. Nach §§ 87, 174 ff InsO können Insolvenzforderungen nur durch Anmeldung zur Insolvenztabelle durchgesetzt werden. Schon im Ausgangspunkt liegt nahe, dass ein nebenvertraglicher Anspruch, welcher die Geltendmachung der Hauptforderung vorbereiten und ermöglichen soll, deren rechtliches Schicksal teilt. Ebenso wie der Gläubiger vom Insolvenzverwalter nicht die Erfüllung seiner Insolvenzforderung aus der Masse verlangen kann, sondern auf die Anmeldung zur Tabelle verwiesen wird, kann er ohne Anmeldung der Insolvenzforderung nicht die Erfüllung seines nebenvertraglichen Anspruchs auf Erteilung einer Schlussrechnung oder Auskunft verlangen. Für dieses Ergebnis spricht im Fall eines zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner oder vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllten gegenseitigen Vertrags auch die Regelung des § 103 Abs. 2 Satz 1 InsO. Lehnt der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Vertrags ab, kann der andere Teil eine Schadensersatzforderung wegen Nichterfüllung des Vertrags nur als Insolvenzforderung geltend machen. Nach der Erfüllungsablehnung ist der Insolvenzverwalter nicht mehr zur Erfüllung der fortbestehenden gegenseitigen Ansprüche verpflichtet.
Auch ohne vorherige Erteilung einer Auskunft oder Abrechnung durch den Schuldner oder Insolvenzverwalter, die ihm eine Bezifferung seiner Insolvenzforderung ermöglicht, steht dem Gläubiger über § 45 Satz 1 InsO ein prozessökonomischer und kostengünstiger Weg zur effizienten Abwicklung von Insolvenzforderungen offen. Nach § 45 Satz 1 Variante 2 InsO sind Forderungen, deren Geldbetrag unbestimmt ist, mit dem Wert geltend zu machen, der für die Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschätzt werden kann. Die Vorschrift ist auch anwendbar, wenn die genaue Bezifferung der Forderung von einer Auskunft oder Abrechnung durch den Schuldner abhängt, welche nicht erteilt wird. Die Schätzung ist grundsätzlich Sache des anmeldenden Gläubigers. Besondere Anforderungen sind bei einer Schätzung der Forderung durch den Gläubiger, der einen nebenvertraglichen Anspruch auf Erteilung einer Schlussrechnung oder Auskunft hat, aber nicht zu stellen. Insbesondere ist er nicht zur eigenen Erstellung einer Schlussrechnung oder Auskunft oder zur Einholung eines Sachverständigengutachtens verpflichtet. Andernfalls würde dem Gläubiger die Erstellung einer Schlussrechnung oder Auskunft auferlegt, auf deren Erteilung er nach materiellem Recht einen Anspruch hat.
Bezogen auf die im Streitfall gegebene Kündigung eines Werkvertrags bei Vereinbarung von Voraus- oder Abschlagszahlungen stellt sich die Rechtslage ohne Eintritt der Insolvenz auf Seiten des Unternehmers wie folgt dar: Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Besteller im Prozess zwischen Besteller und Unternehmer über die Rückforderung einer Werklohnvorauszahlung, wenn der Unternehmer Leistungen erbracht hat, zur Begründung des vertraglichen Rückforderungsanspruchs schlüssig die Voraussetzungen eines Saldoüberschusses aus einer Schlussrechnung vorzutragen. Ausreichend ist eine Abrechnung, aus der sich ergibt, in welcher Höhe der Besteller Voraus- und Abschlagszahlungen geleistet hat und dass diesen Zahlungen ein entsprechender endgültiger Vergütungsanspruch des Unternehmers nicht gegenübersteht. Der Besteller kann sich auf den Vortrag beschränken, der bei zumutbarer Ausschöpfung der ihm zur Verfügung stehenden Quellen seinem Kenntnisstand entspricht. Hat der Besteller nach diesen Grundsätzen ausreichend vorgetragen, muss der Unternehmer darlegen und beweisen, dass er berechtigt ist, die Voraus- und Abschlagszahlungen endgültig zu behalten (BGH, Urteil vom 11. Juli 2024 - VII ZR 127/23, Rn. 18 mwN). An dieser materiell-rechtlichen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ändert die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nichts. Bei der Schätzung seiner Forderung auf Rückzahlung eines etwaigen Überschusses kann sich der Besteller auf die ihm zur Verfügung stehenden Kenntnisse beschränken. Es ist dann Aufgabe des Insolvenzverwalters substantiiert darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass der Schuldner bereits Leistungen in einem Umfang erbracht hat, welche den erhaltenen Vorauszahlungen entsprechen.
- Kontext der Entscheidung
Nach ständiger Rechtsprechung des für das Werkvertragsrecht zuständigen VII. Zivilsenats muss der Besteller, der eine Werklohnvorauszahlung zurückfordert, nachdem der Unternehmer Leistungen erbracht hat, schlüssig die Voraussetzungen eines Saldoüberschusses aus einer Schlussabrechnung vortragen. Ausreichend ist eine Abrechnung, aus der sich ergibt, in welcher Höhe der Besteller Voraus- und Abschlagszahlungen geleistet hat und dass diesen Zahlungen ein entsprechender endgültiger Vergütungsanspruch des Unternehmers nicht gegenübersteht. Der Besteller kann sich auf den Vortrag beschränken, der bei zumutbarer Ausschöpfung der ihm zur Verfügung stehenden Quellen seinem Kenntnisstand entspricht. Hat der Besteller nach diesen Grundsätzen ausreichend vorgetragen, muss der Unternehmer darlegen und beweisen, dass er berechtigt ist, die Voraus- und Abschlagszahlungen endgültig zu behalten. Welcher Vortrag vom Besteller im Fall der Abrechnung eines gekündigten Pauschalpreisvertrags ohne Detailpreisverzeichnis unter zumutbarer Ausschöpfung der ihm zur Verfügung stehenden Quellen verlangt werden kann, um eine Werklohnvorauszahlung zurückzufordern, richtet sich nach den Gesamtumständen, insbesondere nach dem Inhalt des Vertrags und vorvertraglicher Absprachen. Kennt der Besteller die Kalkulation des Unternehmers nicht und kann er nicht aufgrund anderer Umstände das vertragliche Preisniveau darstellen, obliegt dem Unternehmer insoweit die Darlegungslast (grundlegend: BGH, Urt. v. 11.02.1999 - VII ZR 399/97 Rn. 27 - 30, zum VOB/B-Vertrag). Haben die Vertragsparteien eine Pauschalvergütungsvereinbarung ohne Detailpreisverzeichnis geschlossen und hat der Besteller auch ansonsten keine Kenntnis von der dieser Vereinbarung zugrundeliegenden Kalkulation des Unternehmers, kann von ihm nicht verlangt werden, zu dem Vertragspreisniveau der zu bewertenden Einzelleistungen des Bauvertrages vorzutragen (BGH, Urteil vom 11. Juli 2024 – VII ZR 127/23 Rn. 24). Er genügt seiner Darlegungslast auf jeden Fall mit der Ermittlung der Preise nach Marktpreisniveau. Es ist dann Sache des Unternehmers, davon abweichende Preisannahmen seiner Kalkulation darzulegen.
- Auswirkungen für die Praxis
Der Senat erteilt ausführliche Hinweise zu der richtigen Vorgehensweise des Gläubigers (BGH, Urteil vom 7. November 2024 – IX ZR 179/23 –, Rn. 29 – 33). Danach ist die Anmeldung der Insolvenzforderung nach Schätzung durch den Gläubiger für diesen im Fall eines gegebenenfalls erfolgenden Widerspruchs nicht mit besonderen Kostenrisiken verbunden. Widerspricht der Insolvenzverwalter der angemeldeten, geschätzten Forderung, ist er zum einen auf Grund der materiell-rechtlich bestehenden Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht und zum anderen aus Gründen des materiellen Rechts gehalten, die von ihm für berechtigt gehaltene Forderung in einer substantiierten Art und Weise darzulegen. Erteilt der Insolvenzverwalter nach der Anmeldung der geschätzten Forderung die geforderte Auskunft oder Schlussrechnung, ist die Ungewissheit über die Forderungshöhe beseitigt. Der Gläubiger kann sich nach Überprüfung der eigenen Schätzung mit der Abrechnung des Insolvenzverwalters zufriedengeben und davon absehen, den diese Abrechnung übersteigenden Betrag seiner Forderungsanmeldung weiterzuverfolgen. Begehrt der Gläubiger gleichwohl die Feststellung einer höheren Forderung, kann er um den bestrittenen Teil seiner Forderung bei allgemeinem Kostenrisiko prozessieren. Legt der Insolvenzverwalter nach dem Widerspruch keine Auskunft oder Schlussrechnung vor, kann der Gläubiger nunmehr seinen Anspruch auf Auskunft oder Schlussrechnung gegen den Insolvenzverwalter geltend machen, um seine Feststellungsklage vorzubereiten. Dies trägt dem materiell-rechtlichen Anspruch des Gläubigers auf Auskunft und Rechnungslegung Rechnung, der durch die Insolvenzeröffnung nicht erlischt. Erhebt der Gläubiger ohne vorherige Auskunftsklage die Feststellungsklage und legt der Insolvenzverwalter erst während des Feststellungsprozesses eine Auskunft oder Schlussrechnung vor, aus der sich eine Überhöhung des angemeldeten Betrags ergibt, ist die vom Gläubiger erhobene Feststellungsklage teilweise unbegründet. Der Gläubiger kann nun die Klage entsprechend teilweise zurücknehmen oder teilweise für erledigt erklären. Die Prozesskosten sind dann dem Insolvenzverwalter in entsprechender Anwendung von § 93 ZPO aufzuerlegen. Die Ungewissheit über die Forderungshöhe ist nicht vom Gläubiger zu vertreten, weil dessen Anspruch auf Erteilung einer Schlussrechnung oder Auskunft zuvor nicht erfüllt worden ist; Anlass für den Feststellungsprozess hat vielmehr der Insolvenzverwalter gegeben. Bestreitet der Insolvenzverwalter die angemeldete, geschätzte Forderung auch im Feststellungsprozess ohne nähere Angaben oder nur pauschal in einer nicht den Anforderungen an die dem Gläubiger zustehende Auskunft oder Schlussrechnung genügenden Weise, hat die Feststellungsklage bei schlüssiger Darlegung der geschätzten Forderung durch den Gläubiger Erfolg. Die Kosten des Verfahrens trägt in diesem Fall nach § 91 Abs. 1 ZPO der Insolvenzverwalter als Beklagter.
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