BGH: Oldtimer-Kaufvertrag

16.5.2024
1
 min Lesezeit
Auf LinkedIn teilen

1. Haben die Parteien eines Kaufvertrags (ausdrücklich oder stillschweigend) eine Beschaffenheit der Kaufsache im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB aF vereinbart, ist ein daneben vereinbarter allgemeiner Haftungsausschluss für Sachmängel dahin auszulegen, dass er nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit, sondern nur für Mängel nach § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB aF gelten soll.

2. Eine von diesem Grundsatz abweichende Auslegung des Gewährleistungsausschlusses kommt beim Kauf eines (hier fast 40 Jahre alten) Gebrauchtwagens auch dann nicht in Betracht, wenn die Funktionsfähigkeit eines bestimmten Fahrzeugbauteils (hier: Klimaanlage) den Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung bildet. Insbesondere rechtfertigen in einem solchen Fall weder das (hohe) Alter des Fahrzeugs beziehungsweise des betreffenden Bauteils noch der Umstand, dass dieses Bauteil typischerweise dem Verschleiß unterliegt, die Annahme, dass sich ein zugleich vereinbarter allgemeiner Gewährleistungsausschluss auch auf die getroffene Beschaffenheitsvereinbarung erstrecken soll.

3. Haben die Parteien die "einwandfreie" Funktionsfähigkeit eines typischerweise dem Verschleiß unterliegenden Fahrzeugbauteils im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB aF vereinbart, liegt ein Sachmangel vor, wenn sich dieses Bauteil bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs in einem Zustand befindet, der seine einwandfreie Funktionsfähigkeit beeinträchtigt. Das gilt unabhängig davon, ob insoweit ein "normaler", das heißt ein insbesondere nach Alter, Laufleistung und Qualitätsstufe nicht ungewöhnlicher, die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigender Verschleiß vorliegt - der nach der Senatsrechtsprechung einen Sachmangel nach § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB aF nicht begründet - und/oder ob bei objektiver Betrachtung jederzeit mit dem Eintreten einer Funktionsbeeinträchtigung dieses Bauteils zu rechnen war.

BGH, Urteil vom 10. April 2024 – VIII ZR 161/23

   Problemstellung

Der VIII. Zivilsenat hatte zu entscheiden, ob sich der Verkäufer eines fast 40 Jahre alten Fahrzeugs mit Erfolg auf einen vertraglich vereinbarten allgemeinen Gewährleistungsausschluss berufen kann, wenn er mit dem Käufer zugleich vereinbart hat, dass die in dem Fahrzeug befindliche Klimaanlage einwandfrei funktioniere, und der Käufer nunmehr Mängelrechte wegen eines Defekts der Klimaanlage geltend macht.

   Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Der Beklagte schaltete Anfang des Jahres 2021 als privater Verkäufer auf einer Onlineplattform eine Anzeige über den Verkauf eines erstmals im Juli 1981 zugelassenen Mercedes-Benz 380 SL mit einer Laufleistung von rund 150.000 km. Die Fahrzeugbeschreibung enthielt u.a. folgende Angaben: "[…] Klimaanlage funktioniert einwandfrei. Der Verkauf erfolgt unter Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung." Nachdem die Parteien eine gemeinsame Probefahrt durchgeführt hatten, schlossen sie am 5. März 2021 einen schriftlichen Kaufvertrag über das Fahrzeug zu einem Kaufpreis von 25.000 €. Darin heißt es: "Das Kraftfahrzeug wird unter Ausschluss der Sachmängelhaftung verkauft." Nach Übernahme des Fahrzeugs stellte der Kläger im Mai 2021 fest, dass die Klimaanlage nicht funktionierte. Nachdem der Beklagte etwaige Ansprüche des Klägers mit Schreiben vom 3. Juni 2021 zurückgewiesen hatte, ließ der Kläger die Klimaanlage instand setzen und verlangte anschließend die Erstattung der Reparaturkosten in Höhe von insgesamt 3.506,35 € von dem Beklagten. Er behauptet, der Klimakompressor sei bereits zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs defekt gewesen.

Die auf Zahlung der Hälfte der genannten Reparaturkosten (1.753,17 €) gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch stehe der wirksam vereinbarte Gewährleistungsausschluss entgegen. Dieser erstrecke sich auch auf den vom Kläger gerügten Mangel an der Klimaanlage. Das Amtsgericht habe zu Recht auf der Grundlage der Internetanzeige eine Beschaffenheitsvereinbarung über die Funktionsfähigkeit der Klimaanlage zum Zeitpunkt der Fahrzeugübergabe an den Kläger angenommen. Daraus folge indes nicht zugleich die gewährleistungsrechtliche Einstandspflicht des Beklagten. Bei einem rund 40 Jahre alten Fahrzeug müsse angesichts der unvermeidlichen und teils gebrauchsunabhängigen Alterung einzelner Bauteile stets mit dem Auftreten von Instandsetzungs- oder Überholungsbedarf gerechnet werden (LG Limburg, Urteil vom 30. Juni 2023 – 3 S 124/22).  

Die Revision des Klägers hat Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Schadensersatzanspruch des Klägers nach § 437 Nr. 3 BGB, § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB (in der bis zum 31. Dezember 2021 geltenden Fassung - im Folgenden: aF -; nunmehr § 434 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 1 BGB), § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB wegen des gerügten Mangels an der Klimaanlage nicht verneint werden. Gemäß § 437 Nr. 3 BGB kann der Käufer nach den Vorschriften der §§ 280, 281 BGB Schadensersatz verlangen, wenn die Sache mangelhaft ist. Von diesen Bestimmungen zum Nachteil des Käufers abweichende Abreden sind im Grundsatz zulässig, sofern es sich nicht um einen Verbrauchsgüterkauf handelt (vgl. § 476 Abs. 1 BGB aF). Dabei sind Inhalt und Umfang derartiger Vereinbarungen nach den allgemeinen Regeln durch Auslegung zu ermitteln. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann der Beklagte sich danach nicht mit Erfolg auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen. Denn dieser Ausschluss erstreckt sich nicht auf einen etwaigen Mangel an der Klimaanlage. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings - wenn auch unausgesprochen - angenommen, dass der im Streitfall vereinbarte allgemeine Gewährleistungsausschluss für Sachmängel wirksam ist. Denn es handelt sich bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag weder um einen Verbrauchsgüterkauf, bei dem Regelungen, die die kaufrechtliche Haftung des Verkäufers einschränken oder ausschließen, gemäß § 476 Abs. 1 BGB aF unzulässig sind, noch bestehen Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit des vertraglich vereinbarten Ausschlusses der Sachmängelhaftung aus anderen Gründen.  

Mit Rechtsfehlern behaftet ist die weitere Annahme des Berufungsgerichts, auch der Umstand, dass die Parteien eine Vereinbarung über die Funktionsfähigkeit der Klimaanlage im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB aF getroffen haben, schließe es nicht aus, dass der Beklagte sich mit Erfolg auf den vertraglich vereinbarten Gewährleistungsausschluss gegenüber einem etwaigen Anspruch des Klägers wegen des seinerseits gerügten Defekts an der Klimaanlage berufen könne. In den Fällen einer (ausdrücklich oder stillschweigend) vereinbarten Beschaffenheit iSv. § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB aF ist ein daneben vereinbarter allgemeiner Haftungsausschluss für Sachmängel dahin auszulegen, dass er nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit, sondern nur für Mängel nach § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB aF gelten soll. Denn andernfalls wäre die gleichrangig neben dem Gewährleistungsausschluss stehende Beschaffenheitsvereinbarung für den Käufer - außer im Fall der Arglist des Verkäufers (§ 444 Alt. 1 BGB) - ohne Sinn und Wert. Danach steht der Gewährleistungsausschluss einer Haftung des Beklagten wegen des vom Kläger behaupteten Mangels an der Klimaanlage nicht entgegen. Denn das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Parteien über die Funktionsfähigkeit der Klimaanlage eine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen haben. Eine von den zuvor genannten Grundsätzen abweichende Auslegung des Gewährleistungsausschlusses kommt nicht in Betracht. Die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Parteien über die Funktionsfähigkeit der Klimaanlage eine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen haben, lässt einen Rechtsfehler auch nicht erkennen. Eine Beschaffenheitsvereinbarung iSv. § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB aF setzt voraus, dass der Verkäufer in vertragsgemäß bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein einer Eigenschaft der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Eigenschaft einzustehen. An das Vorliegen einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs.1 Satz 1 BGB aF sind strenge Anforderungen zu stellen. Eine solche Vereinbarung kommt nur in eindeutigen Fällen in Betracht. Ob danach im Einzelfall eine Beschaffenheitsvereinbarung zu bejahen ist, ist eine Frage der Vertragsauslegung. Das betrifft auch die Frage, ob die Parteien die in einer Internetanzeige enthaltenen Angaben zu der Kaufsache - die für sich betrachtet als öffentliche Äußerung über Eigenschaften der Kaufsache iSv. § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB aF gelten, welche das Gesetz zu der gewöhnlichen Beschaffenheit nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB aF zählt - (stillschweigend) in den Vertrag einbezogen und auf diese Weise zum Inhalt einer Beschaffenheitsvereinbarung gemacht haben. Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen, die Parteien hätten die in der Internetanzeige enthaltene Angabe "Klimaanlage funktioniert einwandfrei" (stillschweigend) in den Vertrag einbezogen und auf diese Weise zum Inhalt einer dahingehenden Beschaffenheitsvereinbarung gemacht, dass das Fahrzeug mit einer funktionsfähigen Klimaanlage ausgestattet sei.  

Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, einem etwaigen Anspruch des Klägers stehe gleichwohl - trotz des Vorliegens einer diesbezüglichen Beschaffenheitsvereinbarung - der vertraglich vereinbarte Gewährleistungsausschluss entgegen, ist indes von grundlegenden Rechtsfehlern beeinflusst. Der Umstand, dass der Beklagte nicht erst im schriftlichen Kaufvertrag, sondern bereits in seiner Internetanzeige unmittelbar im Anschluss an die Angabe "Klimaanlage funktioniert einwandfrei" erklärt hat, dass der Verkauf "unter Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung" erfolge, erlaubt es nicht, den vereinbarten Gewährleistungsausschluss dahingehend zu verstehen, dass er sich auf die in der Internetanzeige enthaltene, stillschweigend in den Vertrag einbezogene Erklärung über die (einwandfreie) Funktionsfähigkeit der Klimaanlage erstreckt. Denn gerade das  gleichrangige Nebeneinanderstehen einer Beschaffenheitsvereinbarung einerseits und eines Ausschlusses der Sachmängelhaftung andererseits gebietet es, den Gewährleistungsausschluss als beschränkt auf etwaige Sachmängel nach § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB aF aufzufassen. Nur ein solches Verständnis genügt dem Grundsatz einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung, da die Beschaffenheitsvereinbarung für den Käufer andernfalls - außer im Fall der Arglist des Verkäufers (§ 444 Alt. 1 BGB) - ohne Sinn und Wert wäre. Insbesondere aber rechtfertigen in einem Fall, in dem - wie hier - die Funktionsfähigkeit eines bestimmten Fahrzeugbauteils den Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung bildet, weder das (hohe) Alter des Fahrzeugs beziehungsweise des betreffenden Bauteils, noch der Umstand, dass dieses Bauteil typischerweise dem Verschleiß unterliegt, die Annahme, dass sich ein zugleich vereinbarter allgemeiner Gewährleistungsausschluss auch auf die getroffene Beschaffenheitsvereinbarung erstrecken soll. Die gegenteilige Sichtweise des Berufungsgerichts beruht auf einer Vermengung von verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten, die richtigerweise einer getrennten Betrachtung bedürfen. So können die vom Berufungsgericht herangezogenen vorgenannten Umstände (Alter des Fahrzeugs, Verschleißanfälligkeit eines Bauteils) zwar unter bestimmten Umständen für die Bestimmung der Sollbeschaffenheit eines Gebrauchtwagens, mithin für die Frage des Vorliegens eines Sachmangels, von Bedeutung sein. Sie spielen jedoch keine Rolle für die davon zu unterscheidende Frage, welche Reichweite ein allgemeiner Gewährleistungsausschluss hat, insbesondere ob er auch für das Fehlen einer vereinbarten Beschaffenheit gelten soll. Vielmehr beansprucht der Grundsatz, dass ein vertraglich vereinbarter allgemeiner Gewährleistungsausschluss die Haftung des Verkäufers für einen auf dem Fehlen einer vereinbarten Beschaffenheit beruhenden Sachmangel unberührt lässt, unabhängig sowohl von der Art und den spezifischen Merkmalen der Kaufsache als auch von dem Inhalt der Beschaffenheitsvereinbarung Gültigkeit. Er findet mithin auch dann uneingeschränkt Anwendung, wenn der Verkäufer die Funktionsfähigkeit eines Verschleißteils eines Gebrauchtwagens zugesagt hat. Denn auch in einer solchen Konstellation wäre die Beschaffenheitsangabe für den Käufer andernfalls - außer bei Arglist des Verkäufers (§ 444 Alt. 1 BGB) - sinn- und wertlos. Für den Streitfall bedeutet dies, dass der Beklagte sich gegenüber den geltend gemachten Ansprüchen des Klägers wegen der gerügten Funktionsuntüchtigkeit der Klimaanlage nicht mit Erfolg auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen kann, und zwar unabhängig von deren Alter und deren aus technischer Sicht zu erwartenden Lebensdauer.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Nach den bisher vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen sind weder das Vorliegen eines Sachmangels im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB aF noch die Erfüllung der weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des Schadensersatzanspruchs des Klägers ausgeschlossen. Ein Sachmangel in Gestalt einer Abweichung von einer vereinbarten Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB aF) läge im Streitfall vor, wenn die Klimaanlage sich bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs in einem Zustand befunden haben sollte, der ihre einwandfreie Funktionsfähigkeit beeinträchtigte. Auch dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass es sich bei der Kaufsache um ein Fahrzeug handelt, das zum Zeitpunkt der Übergabe fast 40 Jahre alt war, und dass es sich bei der Klimaanlage um eine Einrichtung des Fahrzeugs handelt, die typischerweise dem Verschleiß unterliegt. Indem das Berufungsgericht die Verneinung einer Gewährleistungspflicht des Beklagten wegen eines etwaigen Fehlens der vereinbarten Funktionsfähigkeit der Klimaanlage maßgeblich damit begründet hat, dass der Kläger angesichts des hohen Alters der Klimaanlage sowie des Umstands, dass es sich bei der Klimaanlage um ein dem Verschleiß und der Alterung unterliegendes Bauteil handelt, jederzeit mit deren Ausfall und anschließendem Instandsetzungsbedarf habe rechnen müssen, hat es irrigerweise den Maßstab herangezogen, der für die Bestimmung der Sollbeschaffenheit beim Kauf eines Gebrauchtwagens im Hinblick auf Verschleißerscheinungen gilt, wenn und soweit die Parteien eine Beschaffenheitsvereinbarung nicht getroffen haben. Danach begründet beim Kauf eines Gebrauchtwagens ein "normaler", das heißt ein insbesondere nach Alter, Laufleistung und Qualitätsstufe nicht ungewöhnlicher, die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigender Verschleiß einen Sachmangel nach § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB aF nicht. Da es den Parteien eines Kaufvertrags unbenommen ist, eine Beschaffenheit der Kaufsache zu vereinbaren, die über die Sollbeschaffenheit iSv. § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB aF hinausgeht, stehen diese Grundsätze der Bejahung eines Sachmangels aber nicht entgegen, wenn - wie hier - die Funktionsbeeinträchtigung eines typischerweise dem Verschleiß unterliegenden Bauteils in Rede steht, dessen (einwandfreie) Funktionsfähigkeit die Parteien vereinbart haben. Vielmehr liegt in einer solchen Konstellation stets ein Sachmangel vor, wenn die vereinbarte Funktionsfähigkeit des betreffenden Bauteils bei Gefahrübergang nicht gegeben ist. Ein Sachmangel wäre daher zu bejahen, wenn die Klimaanlage sich bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs in einem Zustand befunden haben sollte, der ihre einwandfreie Funktionsfähigkeit beeinträchtigte. Dies hat das Berufungsgericht bislang offengelassen. Ein Sachmangel käme aber auch dann in Betracht, wenn der Funktionsausfall des Klimakompressors erst nach Gefahrübergang eingetreten sein sollte, dieser Defekt seinerseits aber auf eine Ursache zurückzuführen wäre, die eine vertragswidrige Beschaffenheit des Fahrzeugs darstellt und die bei Gefahrübergang bereits vorhanden war. Eine vertragswidrige Beschaffenheit in diesem Sinne wäre zu bejahen, wenn die gegebene Ursache bedeutete, dass die Klimaanlage - in Anbetracht ihres Alters und ihrer Qualitätsstufe - als nicht "einwandfrei funktionsfähig" anzusehen wäre.  

   Kontext der Entscheidung

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist in den Fällen einer vertraglich (ausdrücklich oder stillschweigend) getroffenen Beschaffenheitsvereinbarung iSv. § 434 Abs. 2 Satz 1 BGB ein daneben vereinbarter Haftungsausschluss für Sachmängel dahin auszulegen, dass er nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit, sondern nur für Mängel nach § 434 Abs. 2 Satz 2 BGB gelten kann (zu § 434 Abs. 1 BGB aF: BGH, Urteil vom 29. November 2006 - VIII ZR 92/06, Rn. 31; BGH, Urteil vom 19. Dezember 2012 - VIII ZR 96/12, Rn. 19; BGH, Urteil vom 19. Dezember 2012 - VIII ZR 117/12, Rn. 15). Denn ansonsten wäre die gleichrangig neben dem Gewährleistungsausschluss stehende Beschaffenheitsvereinbarung für den Käufer - außer im Falle der Arglist des Verkäufers (§ 444 Alt. 1 BGB) - ohne Sinn und Wert. Diese Rechtsprechung lässt sich jedoch nicht auf öffentliche Äußerungen über Eigenschaften der Kaufsache im Sinne von § 434 Abs. 3 Satz 2 b) BGB übertragen. Das Gesetz hat diese Äußerungen nicht mit einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 2 Satz 1 BGB gleichgesetzt, sondern zählt sie zu der Beschaffenheit nach § 434 Abs. 3 Nr. 2 BGB, also zu der Beschaffenheit, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach Art der Sache erwarten kann (BT-Drucks 14/6040, S. 214). Hinsichtlich einer gesetzlich geschuldeten Beschaffenheit kann der Verkäufer seine Haftung durch eine vertragliche Vereinbarung grundsätzlich ausschließen. Denn in solchen Fällen stehen nicht zwei vertragliche und damit - zumindest aus Sicht des Käufers - gleichrangige Vereinbarungen (Beschaffenheitsvereinbarung; Gewährleistungsausschluss) nebeneinander, deren innerer Widerspruch im Wege einer interessengerechten Auslegung aufzulösen ist. Vielmehr handelt es sich hierbei um einen rein gesetzlichen Haftungstatbestand. Damit treffen nicht zwei gleichrangige, sich inhaltlich widersprechende vertragliche Vereinbarungen aufeinander, sondern es existiert nur eine vertragliche Regelung, nämlich die Vereinbarung eines Haftungsausschlusses für Gewährleistungsansprüche. Im Hinblick auf dieses Rangverhältnis der beiden Regelungen ist eine einschränkende Auslegung eines umfassenden Gewährleistungsausschlusses in diesen Fällen nicht geboten (zu § 434 BGB aF: BGH, Urteil vom 27. September 2017 – VIII ZR 271/16 –, Rn. 24 - 25).

   Auswirkungen für die Praxis

Für die Abgrenzung zwischen Verbraucher- und Unternehmerhandeln ist grundsätzlich die objektiv zu bestimmende Zweckrichtung des Rechtsgeschäfts entscheidend. Dabei kommt es maßgeblich auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls, insbesondere das Verhalten der Parteien bei Vertragsschluss an. Bei dem Ankauf einer beweglichen Sache gemäß § 474 Abs. 1 Satz 1 BGB als Verbrauchsgüterkauf ist hierbei darauf abzustellen, zu welchem Zweck der Käufer diese zu benutzen beabsichtigt. Das rechtsgeschäftliche Handeln einer natürlichen Person ist mit Rücksicht auf den Wortlaut des § 13 BGB grundsätzlich als Verbraucherhandeln anzusehen; eine Zuordnung entgegen dem mit dem rechtsgeschäftlichen Handeln objektiv verfolgten Zweck kommt nur in Betracht, wenn die dem Vertragspartner bei Vertragsschluss erkennbaren Umstände eindeutig und zweifelsfrei darauf hinweisen, dass die natürliche Person in Verfolgung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (BGH, Urteil vom 07. April 2021 – VIII ZR 49/19; BGH, Urteil vom 07. April 2021 – VIII ZR 191/19).

Kontakt
aufnehmen

Vereinbaren Sie gerne ein persönliches Beratungsgespräch mit uns,
Telefon: 0511 9999 4747 oder E-Mail: kanzlei@addlegal.de.

Telefonisch erreichen Sie uns von Montag bis Freitag
in der Zeit zwischen 8:00 Uhr und 18:00 Uhr.