BGH: Fehlende Signatur (beA)

21.11.2024
1
 min Lesezeit
Auf LinkedIn teilen

Das Fehlen der nach § 130a Abs. 3 ZPO erforderlichen einfachen Signatur einer auf einem sicheren Übermittlungsweg als elektronisches Dokument eingereichten Klageschrift kann nur dann ausnahmsweise unschädlich sein, wenn sich aus anderen, eine Beweisaufnahme nicht erfordernden Umständen eine der einfachen Signatur vergleichbare zweifelsfreie Gewähr dafür ergibt, dass der Rechtsanwalt die Verantwortung für den Inhalt der Klageschrift übernommen und diese willentlich in den Rechtsverkehr gebracht hat.

BGH, Urteil vom 11. Oktober 2024 - V ZR 261/23  

(LG Düsseldorf, Entscheidung vom 08.11.2023 - 25 S 19/23; AG Langenfeld, Entscheidung vom 26.01.2023 - 64 C 2/22)

Das Problem:

Der Kläger - Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) - wendet sich gegen in der Eigentümerversammlung vom 14. Dezember 2021 gefassten Beschlüsse mit seiner am 14. Januar 2022 dem Amtsgericht über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) als elektronisches Dokument übermittelten Beschlussmängelklage. Auf dem Briefbogen der Klageschrift ist nur der Rechtsanwalt H. namentlich benannt nebst Zusatz „   Rechtsanwälte“. Die Klageschrift ist nicht qualifiziert signiert und schließt mit dem Wort „Rechtsanwalt“ ab. Die Klage ist bei Amts- und Landgericht ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht meint, die Klage sei nicht innerhalb der Monatsfrist des § 45 Satz 1 WEG formgerecht erhoben worden. Sie sei nicht mit der nach § 130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 ZPO erforderlichen einfachen elektronischen Signatur versehen, denn es fehle an der Namenswiedergabe des den Schriftsatz verantwortenden Rechtsanwalts am Ende des Textes. Die Bezeichnung „Rechtsanwalt“ genüge den Anforderungen an eine einfache Signatur nicht.

Die Entscheidung des Gerichts:

Die Revision hat keinen Erfolg. Der Kläger hat die Klagefrist des § 45 Satz 1 WEG nicht gewahrt, weil er binnen der Monatsfrist keine den Formerfordernissen des § 130a Abs. 3 und 4 ZPO entsprechende Klageschrift bei Gericht eingereicht hat. Gemäß § 130a Abs. 3 Satz 1, § 253 Abs. 4 ZPO muss eine Klageschrift in Form eines elektronischen Dokumentes mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen (§ 130a Abs. 3 Satz 1 Fall 1 ZPO) oder von der verantwortenden Person einfach signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden (§ 130a Abs. 3 Satz 1 Fall 2 ZPO). Die sicheren Übermittlungswege ergeben sich aus § 130a Abs. 4 ZPO, wozu namentlich das beA (§§ 31a, 31b BRAO) zählt (vgl. § 130a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Ein nicht qualifiziert elektronisch signiertes Dokument wird danach nur dann formgerecht auf einem sicheren Übermittlungsweg aus einem beA eingereicht, wenn es von der den Schriftsatz verantwortenden Person einfach signiert und selbst versendet wird. Diesen rechtlichen Anforderungen genügt die Klageschrift nicht. Zwar wurde die nicht qualifiziert signierte Klageschrift über ein beA, und damit auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ZPO bei dem Amtsgericht eingereicht. Selbst wenn sie nicht mittels des beA der Rechtsanwaltskanzlei „  .Rechtsanwälte“ versendet sein sollte, sondern mittels des beA des Prozessbevollmächtigten des Klägers, mangelt es an einer fristgerecht erhobenen Klage. Die Klageschrift ist jedenfalls deshalb formunwirksam, weil die nach § 130a Abs. 3 Satz 1 Fall 2 ZPO erforderliche einfache Signatur fehlt. Eine einfache elektronische Signatur besteht aus Daten in elektronischer Form, die anderen elektronischen Daten beigefügt oder logisch mit ihnen verbunden werden und die der Unterzeichner zum Unterzeichnen verwendet. Bei der durch bzw. mit einem Textverarbeitungsprogramm zum Abschluss des Schriftsatzes angebrachten Namenswiedergabe des Verfassers handelt es sich um solche Daten. Es genügt die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes, etwa als maschinenschriftlicher Namenszug oder eingescannte und entzifferbare Unterschrift. Die einfache Signatur soll - ebenso wie die eigene Unterschrift oder die qualifizierte elektronische Signatur - die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Verfahrenshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen. Dazu muss die Namenswiedergabe so entzifferbar sein, dass sie von den Empfängern des Dokuments ohne Sonderwissen oder Beweisaufnahme einer bestimmten Person als Verantwortlicher zugeordnet werden kann. Ist die Identität zwischen der durch den sicheren Übermittlungsweg als Absender ausgewiesenen Person und der die Verantwortung für das elektronische Dokument übernehmenden Person nicht feststellbar, ist das Dokument nicht wirksam eingereicht. Denn der Schriftsatz lässt sich keiner bestimmten Person zuordnen, die Verantwortung für seinen Inhalt übernommen hat. Entgegen diesen Vorgaben ist die am 14. Januar 2022 eingegangene Klageschrift nicht mit einer einfachen Signatur versehen. Sie endet mit der allgemeinen Berufsbezeichnung „Rechtsanwalt“ ohne weitere Namensangabe. Mit dieser Bezeichnung allein lässt sich der Schriftsatz keiner bestimmten verantwortenden Person zuordnen.  

Der Mangel der fehlenden Unterschrift des Rechtsanwalts unter der Klageschrift auch dadurch behoben werden, dass sich auf andere, jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Weise feststellen lässt, der nicht unterschriebene Schriftsatz sei nicht etwa ein Entwurf, sondern von dem postulationsfähigen Anwalt verantwortet und mit seinem Wissen und Wollen als Klageschrift bei dem Gericht eingereicht worden. Nichts anderes gilt für ein bei Gericht eingereichtes elektronisches Dokument, welches den prozessualen Formerfordernissen des § 130a Abs. 2 ZPO nicht entspricht. Die sichere Übermittlung des einfach signierten elektronischen Dokuments ersetzt den Authentizitätsnachweis durch eigenhändige Unterschrift nach § 130 Nr. 6 ZPO. Das Fehlen der nach § 130a Abs. 3 ZPO erforderlichen einfachen Signatur einer auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereichten Klageschrift kann daher nur dann ausnahmsweise unschädlich sein, wenn sich aus anderen, eine Beweisaufnahme nicht erfordernden Umständen eine der einfachen Signatur vergleichbare zweifelsfreie Gewähr dafür ergibt, dass der Rechtsanwalt die Verantwortung für den Inhalt der Klageschrift übernommen und diese willentlich in den Rechtsverkehr gebracht hat. Zum Nachweis dafür, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers der Urheber der Klageschrift ist und für diese die Verantwortung übernimmt, genügt jedoch nicht, dass allein dieser in dem Briefbogen der Klageschrift namentlich aufgeführt ist. Allerdings wird vertreten, dass bei einem in dem Briefbogen als solchen ausgewiesenen Einzelanwalt zu dessen Identifizierung regelmäßig der maschinenschriftliche Abschluss des Schriftsatzes mit „Rechtsanwalt“ ausreiche. Hierdurch werde ohne Weiteres erkennbar, dass der Kanzleiinhaber Urheber der schriftlichen Prozesshandlung sei und die inhaltliche Verantwortung für das betreffende Dokument übernehme (BAG, Beschluss vom 25. August 2022 – 2 AZN 234/22 –, MDR 2023, 111). Die Frage bedarf hier jedoch keiner Entscheidung, weil der für die Klageschrift verwendete Briefbogen den Prozessbevollmächtigten des Klägers gerade nicht als Einzelanwalt ausweist. Zwar ist dort nur der Prozessbevollmächtigte des Klägers als Rechtsanwalt namentlich aufgeführt. Hinzu tritt aber die Kanzleibezeichnung „   Rechtsanwälte“, die auf die Tätigkeit einer Mehrzahl von - nicht namentlich aufgeführten - Rechtsanwälten für die Kanzlei hindeutet. Die einfache Signatur muss gewährleisten, dass sie von den Empfängern des Dokuments ohne Sonderwissen oder Beweisaufnahme einer bestimmten Person als Verantwortlicher zugeordnet werden kann. Eine solche Zuordnung lässt sich nicht zweifelsfrei herstellen, wenn - wie hier - die Kanzleibezeichnung im Briefbogen den Schluss auf eine anwaltliche Tätigkeit mehrerer Berufsträger zulässt.

Konsequenzen für die Praxis:

Der Senat äußert ausdrücklich Zweifel an der Auffassung des BAG, dass bei einem als solchen ausgewiesenen Einzelanwalt zu dessen Identifizierung regelmäßig der maschinenschriftliche Abschluss des Schriftsatzes mit „Rechtsanwalt“ ausreicht (Rn. 22). Denn der Briefbogen einer Anwaltskanzlei bietet keine Gewähr für eine vollständige Aufzählung der in einer Kanzlei tätigen Rechtsanwälte und ist daher kein rechtssicherer Bezugspunkt für die Zuordnung der Verantwortlichkeit für einen Schriftsatz zu einem bestimmten Berufsträger. Der Briefbogen hat lediglich die gesetzlichen Mindestangaben nach § 10 BORA zu enthalten, so dass etwa angestellte Rechtsanwälte nicht aufgelistet werden müssen. Dass im Briefbogen der Kanzlei nur ein Rechtsanwalt genannt ist, schließt daher nicht aus, dass ein dort nicht aufgeführter Rechtsanwalt die Verantwortung für den Schriftsatz übernommen hat. Für die somit bei der Übermittlung auf einem sicheren Übermittlungsweg stets erforderliche einfache Signatur lässt die Rechtsprechung die Wiedergabe des Nachnamens am Ende des Textes genügen, entweder als eingescannte (leserliche) Unterschrift oder in Maschinenschrift (Greger in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 130a Rn. 12 mwN.).

Beraterhinweis:

Der Mangel der fehlenden einfachen Signatur der Klageschrift kann zwar behoben werden, wenn feststeht, dass der Prozessbevollmächtigte die Klageschrift verantwortet und diese nicht etwa versehentlich bei dem Gericht eingereicht worden ist. Das kann etwa dadurch geschehen, dass er in der mündlichen Verhandlung bei der Antragstellung auf den Antrag in der Klageschrift Bezug nimmt und dadurch die Verantwortung für deren Inhalt übernimmt. Eine unwirksame Prozesshandlung wird aber erst von ihrer Heilung an wirksam; eine nach Fristablauf erfolgte Behebung des Mangels ist nicht mehr fristwahrend (BGH, Urteil vom 3. März 2004 – IV ZR 458/02 –, Rn. 9, MDR 2004, 879). Das gilt auch für materiell-rechtliche Auschlussfristen.

Kontakt
aufnehmen

Vereinbaren Sie gerne ein persönliches Beratungsgespräch mit uns,
Telefon: 0511 9999 4747 oder E-Mail: kanzlei@addlegal.de.

Telefonisch erreichen Sie uns von Montag bis Freitag
in der Zeit zwischen 8:00 Uhr und 18:00 Uhr.